Medienmitteilung Entwicklungsraum Thun

Verkehrsstudie Thun Innenstadt – rechte Seeseite

Die Resultate der Studie zur Verbesserung der Verkehrssituation am rechten Thunerseeufer liegen vor. Damit schaffen die betroffenen Gemeinden gemeinsam fundierte Grundlagen für Investitionen in die Infrastruktur.

Im Herbst 2022 bildete die Kommission Wirtschaft des Entwicklungsraums Thun (ERT) einen Ausschuss Verkehr und stiess die Erarbeitung der Verkehrsstudie Thun Innenstadt - rechte Seeseite an. Die Studie sollte im Hinblick auf künftige Agglomerationsprogramme des Bundes langfristige Lösungen zur Verbesserung der Verkehrssituation am rechten Thunerseeufer finden und bewerten. Zur fachlichen Bearbeitung der Studie wurde ein Planungsteam, bestehend aus den Büros INFRAS, B+S Ingenieure und Güller Güller Architekten beauftragt. Der entsprechende Schlussbericht liegt nun vor.

Drei Varianten vertieft geprüft
Nach einer ersten Grobbeurteilung verschiedenster Varianten unter Einbezug von Vertreterinnen und Vertretern von Gemeinden, Organisationen und Quartierleisten wurden drei Varianten auf ihre Machbarkeit und Zweckmässigkeit hin geprüft. Dazu gehörte nebst den beiden bekannten Infrastrukturlösungen «Hübelitunnel» und «Aarequerung Süd» auch die sogenannte «Gesamtverkehrsvariante», die verschiedene Massnahmen zur besseren Verkehrssteuerung und für den Ausbau des Velo- und öV-Angebots beinhaltet. Alle drei Varianten werden von den Fachleuten grundsätzlich als machbar beurteilt und tragen zu Entlastung der Hofstetten- und Burgstrasse sowie der innenstadtquerenden Achsen bei. Neben der Machbarkeit wurden auch der jeweilige Nutzen und die Wirksamkeit im Verhältnis zu den Kosten sowie weitere qualitative Kriterien, wie beispielsweise die Auswirkungen auf das Ortsbild und die Landschaft, bewertet. Aufgrund dieser fachlichen Bewertungsmethodik schneidet die «Gesamtverkehrsvariante» am besten ab. Zu deren Pfeilern gehören eine stark ausgebaute Hangbuslinie, eine attraktive Veloinfrastruktur mit einer zusätzlichen Brücke für den Langsamverkehr zwischen Hofstettenstrasse und Bahnhof sowie flankierende Massnahmen zur Verkehrssteuerung. Mit Kosten von rund 34 Millionen Franken ist diese Variante klar die kostengünstigste. Sie führt gemäss den Berechnungen zu einer Reduktion des motorisierten Verkehrs auf der Hofstettenstrasse um 9 Prozent.

Beide Infrastrukturlösungen sind sehr kostenintensiv
Die Variante «Hübelitunnel» entfaltet die höchste Entlastungswirkung auf der Hofstettenstrasse. Mit einer zusätzlichen Sperrung der Freienhofgasse könnte eine Entlastung von bis zu 51 Prozent erreicht werden. Negativ ins Gewicht fallen beim knapp drei Kilometer langen Tunnel zwischen dem Bächihölzli in Hilterfingen und der Stockhornstrasse in Steffisburg insbesondere die hohen Kosten von rund 580 Millionen Franken. Die geprüfte Variante «Aarequerung Süd» mit einem innenstadtnahen Tunnel mit Portalen beim Casino und in der Frutigenstrasse weist bei geringerer Entlastungswirkung auf der Hofstettenstrasse bauliche Risiken auf. Zudem kann der Tunnel zu unerwünschten Verkehrsverlagerungen in die westlichen Thuner Quartiere führen. Punkten kann die Aarequerung Süd insbesondere mit der Entlastung der Innenstadt vom motorisierten Individualverkehr. In der geprüften Variante des Tunnels würden Kosten von 264 bis 344 Millionen Franken entstehen, was deutlich unter den vermuteten Kosten für den «Hübelitunnel» liegt. Bei beiden Tunnelvarianten stellen die Tunnelportale eine grosse städtebauliche Herausforderung dar.

Gesamtverkehrsvariante soll umgesetzt werden
Aufgrund der Resultate der Prüfung, der Empfehlung des Planungsteams und den Rückmeldungen der im Prozess beteiligten Vertreterinnen und Vertretern von Gemeinden, Organisationen und Quartierleisten steht für den Ausschuss Verkehr die kurz- bis mittelfristige Umsetzung der Gesamtverkehrsvariante im Vordergrund. Da bezüglich der Entlastungswirkung der Gesamtverkehrsvariante Zweifel bestehen, empfiehlt der Ausschuss überdies, eine der beiden Tunnelvarianten planerisch so weit zu vertiefen, dass sie ebenfalls umgesetzt werden könnte. Welche Variante in welcher Ausprägung vertieft werden soll, möchte der Ausschuss aktuell noch offenlassen. In Gesprächen mit Bund und Kanton soll vorgängig abgeklärt werden, ob und unter welchen Voraussetzungen welche Tunnelvariante im Agglomerationsprogramm realistische Chancen auf eine Mitfinanzierung hätte. Danach sollen die erforderlichen Finanzbeschlüsse für die zu vertiefende Variante eingeholt werden. Dieser Vorschlag wird zunächst der Kommission Wirtschaft zum Beschluss vorgelegt. Diese ist innerhalb des ERT für das Projekt zuständig.

Regionale Einigkeit wird vorausgesetzt
«Ein Tunnelprojekt soll weiterverfolgt werden. Bevor man sich aber vorschnell auf eine Variante festlegt, ist es wichtig, beim Bund auszuloten, welche Variante überhaupt Chancen auf eine Mitfinanzierung hat», sagt Jolanda Brunner, welche dem Ausschuss Verkehr vorsteht. «Die Gemeinden werden solche Vorhaben nicht ohne Bund und Kanton umsetzen können. Damit eine Mitfinanzierung realistisch ist, braucht es fundierte Grundlagen, aber auch eine Einigkeit der Region. Ohne solche Einigkeit werden wir von vornherein keine Chancen haben.» Die Finanzierung der Strasseninfrastruktur ist Sache der entsprechenden Eigentümer. Die Realisierung von Massnahmen, die Aufnahme im AP finden, wird durch den Bund mitfinanziert (in der Regel 30 bis 40 Prozent). Bei Massnahmen auf Gemeindestrassen finanziert der Kanton im gleichen Ausmass wie der Bund mit. Bei Massnahmen auf Kantonsstrassen finanziert er den nach Abzug des Bundesbeitrags verbleibenden Anteil. Die Planung wird durch den Bund nicht mitfinanziert.

Entwicklungsraum Thun (ERT)